Sep, 2009

Wahlnachlese

Bundestagswahl 2009

Millionen Deutsche hatten
heute wieder die Wahl der Qual.
By oliverlindner,
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Die Würfel sind gefallen. Was werden die folgenden fünf Jahre bringen? Ein Blick in die Glaskugel:

  • Die SPD wird einsehen müssen, dass die Linken nicht einfach verschwinden werden. Man wird sich folglich arrangieren müssen und mit der Option Rot-Rot-Grün in die nächste Bundestagswahl ziehen.
  • Gut für die SPD, dass es nicht geklappt hat. Jetzt kann sich die Partei in den kommenden fünf Jahren neu erfinden und in Ruhe neues Personal aufbauen. Die nächsten zwei Jahre können ruhig genutzt werden, um ein wenig uneinheitlicher zu sein, “Geschlossenheit” muss man permanent nur in der Regierung zeigen.
  • Die Grünen müssen noch deutlicher klar machen, dass sie für mehr als nur Umweltschutz und Atomausstieg stehen. Das Wähler- und Politikerpotential der Piraten muss eingefangen werden. Gleichzeitig muss im Bereich persönliche Freiheit der FDP das Wasser abgegraben werden. Sollte die FDP das Innenministerium bekommen, wäre das besonders einfach, doch wird das wohl bei der Union bleiben. Aber vielleicht wird die Freiheitsstatue Weichewolle Westerwelle ja größenwahnsinning.
  • Die Linken haben viele Forderungen. Manche klingen vernünftig oder zumindest berechtigt, andere utopisch und andere sind schlicht Unsinn. Wenn Rot-Rot-Grün auf Bundesebene möglich werden soll, muss man realistischer werden. Wenn Münte und eventuell gar Lafontaine sich aus der Spitze verabschieden, verschwindet auch der verletzte Stolz aus der rot-roten Beziehung und manches wird leichter.
  • Die FDP kann sich freuen. Sie ist wieder da. Schade nur für Westerwelle, dass es von nun an abwärts geht. Wäre ja zu schön, wenn die FDP auch noch in der Regierung punkten könnte. Dafür bräuchte man aber wohl mehr als “Steuern runter” und “Arbeit muss sich wieder lohnen”. Ich fand übrigens immer, dass sich letzteres eher nach einem Ruf nach Mindestlohn anhört, als nach Entlastungen für Besserverdienende. Aber egal. Etwas mehr sympatisches Personal könnte auch nicht schaden, aber da kann die FDP naturgemäß nicht mit dienen. Schnösel sind halt nicht sympatisch.
  • Schade, dass die Union Seniorpartner der Koalition ist. Sie werden nicht versuchen, Westerwelles “Steuern runtern, Einnahmen rauf”-Utopie umzusetzen, dafür ist der Staat zu klamm. Weshalb die FDP sich von der Idee nicht lösen wird. Und in fünf Jahren wieder damit antritt. Und in zehn. Und in fünfzehn. Usw. Usw. Würden die Linken oder Grünen etwas vergleichbares fordern, würde die Presse sie grillen.

Tja, ein frustrierender Tag geht zu Ende. Schließlich gab es nur zwei mögliche Ausgänge: Schwarz-Gelb oder Schwarz-Rot. Letzteres hätte ich noch schlimmer gefunden. Cholera oder die Pest? Da freut man sich auch über das geringere Übel nicht. In fünf Jahren kommt dann entweder die nächste große schwarz-rote Koalition (da die Union verlieren und die SPD nur leicht gewinnen wird) oder die erste Drei-Parteien-Koalition in der Geschichte der BRD. Das könnte interessant werden. Und ein Trend für die Zukunft. Die wirklich wichtigen Frage aber sind: Bleibt es langfristig bei fünf Parteien im Bundestag? Wird sich eine konversative Splitterpartei gründen? Die FDP aufspalten in Liberale und Wirtschaftsliberale? Die Grünen in Realos und Spontis? Und wann werden die Deutschen wieder echte Politiker an der Spitze haben wollen? So mit eigener Meinung, Überzeugung, Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit, bei denen die Sache vor der Macht kommt? Ok, ich merke schon, ich fantasiere. Aber im Anbetracht der Realitäten, wer will es mir verdenken?

Gerücht über eine Profi-Spiegelreflex von Sony

Eine Bild mit technischen Details über eine professionelle Spiegelreflex namens A1r macht die Runde, hier die Eckdaten:
– Vollformat
– 34.8 Megapixel
– zwei Bildprozessoren
– Live View über zweiten Sensor
– 3 Bilder pro Sek.
– Wifi-Transmitter
– GPS
– 3 Zoll LCD, klappbar mit 921.000 Pixeln
– Sucher 0.9x, 100%
– Zentraler Doppelkreuzsensor, 8 Kreuzsensoren, 14 Hilfssensoren
– Verschlusszeiten 1/12000s – 30s
– Mikroanpassung der AF Sensoren
– ISO 25-3200
– Messmethoden: Spot, Matrix, Zentrum, Spitzlichter

Die meisten Leute halten diese Daten für eine Fälschung, dem würde ich spontan zustimmen, zumal sich angeblich Rechtschreibfehler im Original finden (hab auf die Schnelle nichts gesehen). Davon abgesehen, völlig aus der Welt gegriffen klingt das alles für mich nicht, die ISO-Zahlen klingen vernünftig und die AF-Sensoren Sony typisch, wenn dies hier ein Wunschgebilde wäre, dann hätte man da sicher etwas mehr träumen dürfen.

Sollte die A1r doch echt sein, so hat Sony damit wohl den Schritt in den professionellen Markt endgültig getan. Da eine solche Kamera für mich erstens unerschwinglich sein dürfte und zweitens mit ca. 35 MP völlig überdimensioniert ist, finde ich dieses Gerücht trotzdem sehr spannend, dürfte doch manches der Kamera in den Nachfolger der A700 heruntertropfen, die für mich deutlich verlockender sein dürfte.

Ein ganz normaler Tag …

Um mit meiner Oma zu sprechen: “Es ist eine verrückte Welt”.

Regimekritiker ausgeladen

Via Spiegel Online:

Die Idee, China als Ehrengast der diesjährigen Frankfurter Buchmesse einzuladen, erweist sich, wie gefürchtet, als heikel. … Das bekamen jetzt der in Boston lebende Exil-Autor Bei Ling und die regierungskritische Autorin und Umweltschützerin Dai Qing zu spüren. Beide sollten an diesem Wochenende an einem Symposium zum Thema “China und die Welt – Wahrnehmung und Wirklichkeit” teilnehmen. Doch sie wurden wieder ausgeladen. … “Ich bekam gestern einen Anruf, in dem ich dringend gebeten wurde, nicht nach Frankfurt zu fliegen”, berichtete Bei Ling SPIEGEL ONLINE. “Wenn ich kommen würde, gäbe es ein Riesendurcheinander, hieß es.” Hintergrund: Chinesische Funktionäre und Schriftsteller haben angedroht, ihre Teilnahme abzusagen, falls politisch ungeliebte Autoren dabei sind. Dahinter steht offenkundig das Verwaltungsamt für Presse und Publikationen (GAPP), die oberste Zensurbehörde Chinas. Im Fall von Dai Qing wurde eine Einladung der Frankfurter von der GAPP nicht weitergeleitet. “Wir sind in einer Zwickmühle”, sagt Peter Ripken, Programm-Koordinator der Messe. “Das chinesische Organisationskomitee hat knallhart gesagt: “Wenn der und der teilnimmt, ziehen wir aus.”

Äh, hallo? Sagt dem GAPP doch “L**k mich!”. Kommt halt niemand aus der VR. Wem schadet das wohl mehr? Wollen die chinesischen Autoren etwa keine Bücher verkaufen? Dieses stetige Wegducken geht mir auf den Senkel. Wie sagte Oliver Kahn doch so schön? “Eier, wir brauchen Eier!”

Unterschied in der Professorenberufung zwischen Deutschland und Amerika

Der amerikanische Prof. David Jaeger, jetzt an der Uni Köln, plaudert (auf englisch) aus dem Nähkästchen über die Unterschiede der Professorenberufung in beiden Ländern. Dabei ist er erfrischend offen und ehrlich, gerade auch was die Gehaltsverhandlungen angeht, was in Deutschland ja immer ein heikles Thema ist, denn über Geld spricht man nicht. Für jemanden aus dem Bereich der Universität sicherlich eine interessante Lektüre. Ein Auszug:

There is a bit of a distinction between the standard US curriculum vitae and a German Lebenslauf, too. My impression has always been that a CV should be relatively brief, devoid of (too much) puffery. The typical German Lebenslauf, however, will list everything that an academic has done during their career, more or less since high school. Brevity is not an asset. Indeed, I am convinced that substantially more weight is placed on the quantity of publications in Germany than in the US — in the US a few really top publications will have a substantial impact, whereas a Lebenslauf full of numerous 3rd tier publications will be considered ok. There is less recognition of the quality-quantity tradeoff in Germany, although one hopes that may be changing.

In Germany, a Ruf is nothing more than an invitation to bargain. It carries no offer, per se, of salary or anything else. And by design, the candidate is the first mover. They must send to the university a list of expectations on salary and Ausstattung, or equipment (but really more… see below). Either after, or simultaneous to, to the submission of salary and equipment, a meeting will be set up between the candidate and various administrators within the administration. Meeting in person is mandatory. It occupies a huge amount of time for both candidates, but also for the members of the administration who must prepare the counter offers prior to the meetings.

Overall, the German system seems ill-equipped to deal with spousal hires (even to the extent that some folks think it is corrupt for a university to offer a spouse a position). German academia is extremely sexist (reflecting, perhaps, the society in general), and this causes a lot of resistance to hiring couples in certain quarters.


Hier ist der Link des Blogs von David Jaeger und seiner Frau Alison.